Nedderend – ein 68er Roman–
Lesung und Gespräch mit Christiane Gibiec, Moderation: Annette Haager
Christiane Gibiecs Nedderend spielt in den Jahren 1967 und 1968 im norddeutschen Oldenburg i.O. Vier Jugendliche wollen wissen, wie ihre Eltern die NS-Zeit erlebt haben – und stoßen auf Schweigen. Was hat der Vater von Micha und Ika als Besatzer in Norwegen gemacht? Was wussten die Eltern über die Konzentrationslager? Und was wurde aus den Sinti-Familien, die vor dem Zweiten Weltkrieg in der Nähe des Nedderend lebten und seitdem verschwunden sind? Als die Eltern von Tilde endlich über die Vergangenheit zu reden beginnen, eröffnet sich den Jugendlichen die Hölle von Auschwitz. Nedderend ist eine Geschichte über die Sprachlosigkeit, die Vernarbungen und Verstrickungen der bundesdeutschen Nachkriegsgesellschaft und die Rebellion der Jugend gegen die Verdrängung der NS-Verbrechen. Die Autorin ist selbst in Oldenburg am Nedderend aufgewachsen; ihr fiktionaler Roman fußt auf mehreren historischen Studien zur Verfolgung der norddeutschen Sinti.
Christiane Gibiec ist Autorin in Wuppertal. Ihr Werk umfasst Romane, Sach- und Kinderbücher und Dokumentarfilme. Sie arbeitete lange als Lehrbeauftragte für creative writing an der Bergischen Universität Wuppertal und leitet Schulworkshops und Schreibwerkstätten. Annette Hager hat der »Irgendwas mit Büchern«-Wunsch in eine Ausbildung zur Buchhändlerin geführt. Es folgten ein Studium der Literaturwissenschaft, Germanistik und Sozialwissenschaft sowie ein journalistisches Volontariat. Sie arbeitet u. a. als freie Journalistin, Moderatorin (Resonanzen) und Autorin der Kulturwelle WDR3.

Hier unten leuchten wir–
Lesung und Gespräch mit Hans Werner Otto
, Moderation: Annette Haager
Hans Werner Ottos vier Wuppertaler Erzählungen erinnern an Verwandte, Bekannte, Nachbarn aus der Zeit der Naziherrschaft, in der Menschen und Orte verschwanden, und alles, was liebgeworden, zum Teufel ging. In Westkotten geht der Autor den Spuren des 1942 in der Ukraine gefallenen jungen Soldaten Willi Otto nach. Vom Bombenangriff auf Barmen 1943 liest man in Ilse und die anderen. Ilse war Patientin bei dem jüdischen HNO-Arzt, von dessen Schicksal Rappoport erzählt. Die Beziehung einer weiteren Patientin Dr. Rappoports zu ihrem Patenonkel, dem NS-Außenminister Joachim von Ribbentrop, schildert Brickendrop und das Patenkind. Hans Werner Otto, Jahrgang 1954, hat bisher mehrere vornehmlich regionalhistorische Erzählungen veröffentlicht (zuletzt: Rotter Blüte, 2020 und Hier unten leuchten wir, 2023) sowie einen Roman: Gott wird uns schon nicht kriegen. Letzteres hofft er immer noch. Annette Hager hat der »Irgendwas mit Büchern«-Wunsch in eine Ausbildung zur Buchhändlerin geführt. Es folgten ein Studium der Literaturwissenschaft, Germanistik und Sozialwissenschaft sowie ein journalistisches Volontariat. Sie arbeitet u. a. als freie Journalistin, Moderatorin (Resonanzen) und Autorin der Kulturwelle WDR3.


Verschwinden wollen–
Lesung und Gespräch mit Marina Jenkner
, Moderation: Annette Haager
Eine Textcollage über die Psychologie des Verschwinden-Wollens: das Verschwinden aus dem eigenen Körper, das Verschwinden aus den eigenen Gedanken, das ungewollte Verschwinden aus der Heimat (Flucht). Anhand vorgetragener Ausschnitte aus ihren Büchern erlaubt Marina Jenkner Einblicke in das komplexe Innenleben ihrer Figuren. So erzählen Nimmersatt und Hungermatt sowie Hungertochter, Himmelskind davon, dass Frauen hungern, immer dünner werden, sich unsichtbar machen, als könnten sie damit aus dieser Welt verschwinden. Dazu passt die Geschichte von Undine aus Blaue Ufer, die aufgrund traumatischer Erfahrungen ihren Körper verlassen möchte. Traumata durch erlebte Flucht und eine nicht mehr existente Heimat liegen dem Roman Die UnWillkommenen zugrunde. Um verblasste Erinnerungen aufgrund von Demenz geht es in Die Geschichtenlauscherin. Marina Jenkner (geb. 1980), studierte Germanistin, lebt als Schriftstellerin und Texterin in Wuppertal und betreibt den Kulturort Die arme Poetin. 2006 debütierte sie mit WUPPERlyrik, es folgten Nimmersatt und Hungermatt, der Flüchtlingsroman Die UnWillkommenen sowie zuletzt die Romane Blaue Ufer und Die Geschichtenlauscherin.
Annette Hager hat der »Irgendwas mit Büchern«-Wunsch in eine Ausbildung zur Buchhändlerin geführt. Es folgten ein Studium der Literaturwissenschaft, Germanistik und Sozialwissenschaft sowie ein journalistisches Volontariat. Sie arbeitet u. a. als freie Journalistin, Moderatorin (Resonanzen) und Autorin der Kulturwelle WDR3.

Alma Mater–
Lesung und Gespräch mit Emily Jeuckens, Moderation: Claudia Cosmo
»An unsolved grief returns to scatter windows in the skin, like lines of ink in running water, always not quite here, but never gone.« (John Burnside) In Alma Mater wacht eine junge Frau mit einem blauen Auge in ihrer Heimatstadt auf, wo ihr humanistisches Internat abgerissen wurde, ihre alten Freundinnen nicht mehr mit ihr sprechen und sie von Erinnerungen an ihre jung verstorbene Mutter heimgesucht wird. Nach Verlust und jahrelangem Eskapismus folgt die harsche Konfrontation mit der Realität: angesiedelt zwischen Mädchenschlafsälen und einstürzenden Einkaufszentren in der Provinz, zwischen Nostalgie und unzuverlässigen Erinnerungen an die surreale Jugend im Internat. Emily Jeuckens geht einer Frage nach, die schon in ihrer Kurzgeschichte Das Gesicht im Kaffesatz anklang: Was bleibt von uns selbst und anderen, wenn die Zuschreibungen verschwinden und Erinnerungen verblassen? Emily Jeuckens wurde 1993 in Wuppertal geboren und lebt nach einigen Jahren on the road wieder dort. Tagsüber arbeitet sie im Programmmanagement in der Medienbranche, nachts schreibt sie Fiktion und Essays. Ihr Text Das Gesicht im Kaffeesatz gewann 2022 den Förderpreis der Wuppertaler Literatur Biennale. Claudia Cosmo arbeitet seit über 20 Jahren als Autorin und Journalistin im Bereich Literatur, Kunst und Kultur für den Hörfunk. Für 1LIVE plante sie die Klubbing-Lesungen mit, seit 2013 führt sie in Köln die Galerie Rompone für zeitgenössische Kunst.


Landgänge. Mensch und Meer–
Vortrag von Andreas Steffens, 
Moderation: Claudia Cosmo
Der Mensch als Landbewohner kann sich der Faszination des Meeres nicht entziehen. Wer sich ihm aussetzt, den erwartet eines der letzten Abenteuer: eine Begegnung mit sich selbst. Von diesem Grundgedanken aus entwickelt Andreas Steffens in seinem neuen Buch ein Panorama des Denkens über das und mit dem Meer, das von der Antike bis in die jüngste Gegenwart reicht. Anhand zahlreicher Beispiele aus der Literatur- und Philosophiegeschichte zeichnet er nach, wie das Meer uns keine Ruhe lässt – und als stets in Bewegung befindlicher Fluchtpunkt auch heute noch immer wieder neue Perspektiven eröffnet.
Bei seiner Lesung wird Andreas Steffens unterstützt von Claudia Scheer van Erp, die als zweite Stimme die Zitate des Textes vorträgt. Andreas Steffens ist Philosoph und Schriftsteller. Seine zahlreichen Veröffentlichungen kreisen um das Grundthema einer zeitgenössischen Anthropologie. Neben Landgänge erschien zuletzt auch Materien des Denkens. Nach Beuys (2023).
Claudia Cosmo arbeitet seit über 20 Jahren als Autorin und Journalistin im Bereich Literatur, Kunst und Kultur für den Hörfunk. Für 1LIVE plante sie die Klubbing-Lesungen mit, seit 2013 führt sie in Köln die Galerie Rompone für zeitgenössische Kunst.

99 zerstreute Perlen–
Lesung und Gespräch mit Halim Youssef
, Moderation: Claudia Cosmo
Halim Youssefs Text Bermuda-Dreieck erzählt von der in seinen Geschichten wiederkehrenden Figur des »Ausländer Pascha«, handelt von »hier«, seinem jetzigen Ort, und »dort«, wo er früher lebte. Auf der Suche nach einer geeigneten Heimat kommt er zu dem Entschluss, einen dritten Ort zu wählen – das Bermuda-Dreieck – und verschwindet. Ebenfalls vorstellen wird Youssef sein neues Buch Neunundneunzig zerstreute Perlen, das kürzlich im Sujet Verlag erschienen ist. Darin geht es unter anderem um den Verlust und das Verschwinden von Dingen aus dem Leben der Hauptfigur, die zu verblassten Erinnerungen werden. Halim Youssef wurde in der kurdischen Stadt Amude in Syrien geboren und schloss sein Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Aleppo ab. Seit 2000 lebt er in Deutschland und schreibt in den Sprachen Kurdisch und Arabisch. Bislang wurden seine Werke auf Kurdisch, Arabisch, Türkisch, Persisch, Englisch, Italienisch und Deutsch veröffentlicht. Claudia Cosmo arbeitet seit über 20 Jahren als Autorin und Journalistin im Bereich Literatur, Kunst und Kultur für den Hörfunk. Für 1LIVE plante sie die Klubbing-Lesungen mit, seit 2013 führt sie in Köln die Galerie Rompone für zeitgenössische Kunst.


Das ergibt sich dann–
Lesung und Gespräch mit Hung-min Krämer
, Moderation: David J. Becher
»Ich befinde mich hier 
im Empfinden des Empfindens 
am Ereignishorizont 
vertäut der Weltuntergang 
empfange Verschwindendes 
den Dreck aus dem der Staub 
und umgekehrt 
die Welt«
Mit diesem Gedicht beginnt der neue Gedichtband von Hung-min Krämer. Es verortet das lyrische Ich an einer Position der Gegenwart und lässt zugleich viel Spielraum für Bewegung. Von diesem Startpunkt aus öffnet sich eine Sammlung von Texten, die immer genauer die aktuelle Lage justieren – doch die Lage ist das, was sich nicht justieren lassen will. Vor diesem Paradox kapituliert Hung-min Krämers Lyrik nicht, sondern findet neue Wege zwischen Gelassenheit und Revolte.
Hung-min Krämer wurde 1965 in Tübingen geboren und lebt seit 2017 in Wuppertal. Sie schreibt Lyrik und Prosa. Das ergibt sich dann ist ihr zweiter Gedichtband im Elif Verlag nach ihrem Debüt Alles außer Haiku (2019).
David J. Becher ist Schauspieler, Moderator und Unterhaltungskünstler aus Wuppertal. Mit dem VollPlaybackTheater war er in ganz Deutschland unterwegs. Im Vorstand der Utopiastadt setzt er sich für urbane Utopien ein.


Zwei weitere Winter / Und draußen die Welt–
Lesung und Gespräch mit Patrick Salmen
, Moderation: David J. Becher
Obwohl er vornehmlich für seine humorvoll-satirischen Geschichten bekannt ist und mit seinen Comedy-Programmen durchs Land tourt, schlägt das Herz des Wuppertaler Autors Patrick Salmen seit vielen Jahren für die Poesie. An diesem Abend kehrt er zurück zu seinen Wurzeln und stellt einen Querschnitt seiner beiden persönlichen Lieblingswerke vor: Zwei weitere Winter: »Patrick Salmens Gedichte sind keine Geheimwissenschaft, keine abstrakt-ästhetischen Sprachexperimente hinter ewig verschlossenen Labortüren, sondern poetische Screenshots eines Lebens, dem allemal genug Zauber und Zaudern innewohnt, um seiner Verse würdig zu sein. Salmen hat sich in seiner Sprache eingerichtet. Hier entfalten sich leise auch die profansten Alltäglichkeiten in eingängiger Schönheit. Diese Gedichte hocken, unwiderstehlich sanft und traurig, an Haltestellen im Niemandsland und warten weißweintrinkend und rauchend auf den Bus.« (Ken Yamamoto) Und draußen die Welt: Dieser Band vereint Kurzprosa und zahlreiche poetische Miniaturen. Geschichten, die sich mit dem Schreiben auseinandersetzen, über das Scheitern, die Faszination von Kränen und Strommasten und die Angst vor dem Vergessen. Geschichten über Väter, die Traurigkeit und den Zauber der Symmetrie. Geschichten über grüne Gießkannen. Vorwiegend über grüne Gießkannen.
Patrick Salmen, geboren 1985 in Wuppertal, hat Germanistik und Geschichte studiert. 2010 konnte er den Titel des deutschsprachigen Meisters im Poetry Slam erlangen und tourt nun mit eigenständigen Soloshows durch den deutschsprachigen Raum. Er schreibt Bücher, tritt in Radio- und TV-Formaten auf und arbeitet regelmäßig als Moderator und Sprecher. David J. Becher ist Schauspieler, Moderator und Unterhaltungskünstler aus Wuppertal. Mit dem VollPlaybackTheater war er in ganz Deutschland unterwegs. Im Vorstand der Utopiastadt setzt er sich für urbane Utopien ein.

Literarische Vielfalt im Wandel – Vom Verschwinden und Neuaufleben
–Relaunch des Literaturmagazins Karussell
Literaturzeitschriften sind mehr als nur gedruckte Seiten – sie sind kreative Kaleidoskope unserer Zeit. Sorgfältig kuratiert bieten sie einzigartiges Lesevergnügen und überraschen mit literarischen Werken. Exemplarisch hierfür steht das Karussell: ein literarischer Salon in Druckerschwärze, der seit 1980 in Wuppertal existiert. Die neue Redaktion, bestehend aus Meieli Borowsky-Islam, Birte Fritsch und Avan Amir Weis, knüpft an die Tradition an und setzt dabei auf einen inklusiven, sozialen, ökologisch und ökonomisch nachhaltigen Ansatz. Mit einem Bewusstsein für vielfältige Zugänge zu Literatur, Kunst und Kultur möchte sie Barrieren abbauen und einen Raum schaffen, in dem sich Autor*innen versuchen und verwirklichen können. Die Veranstaltung verspricht einen inspirierenden Einblick in die Welt der Literatur und die erneute Blütezeit des Karussell.
Meieli Borowsky-Islam ist Autorin, Kolumnistin und Projektleiterin. Sie ist Mitgründerin der Initiative Decolonize Wuppertal, die mit dem Wuppertaler Heimatpreis ausgezeichnet wurde. Bei der Anthologie Was uns empowert – Geschichten von FLINTA of Color (2023) wirkte sie als Autorin und Herausgeberin mit. Birte Fritsch ist Kulturmanagerin und Kuratorin. Seit März 2024 leitet sie das Fachteam Programmkurator*innen der Stiftung Stadtmuseum Berlin. Zuvor war sie u. a. Kuratorin im Zentrum für verfolgte Künste und Projektleitung und Kuratorin des Festjahres Meinwärts. 150 Jahre Else Lasker-Schüler. Avan Amir Weis ist ein nicht-binärer Fotograf, Poet, Künstler, Kritiker, Journalist, Dozent und Kurator. Er organisiert und kuratiert Ausstellungen im kollektiv drei, bringt Literatur auf Bühnen, Straßen und Magazine, hält Vorträge, gibt Workshops, unterrichtet und schreibt. Seine journalistische Arbeit erscheint u. a. im Missy Magazine sowie im Bücher Magazin.

Karussell Redaktion