Wie kann eine partizipative Stückentwicklung aussehen, die diverse Sichtweisen vereint und kollaborativ neue Narrative für die Bühne entwickelt? Das Team von BITTER (SWEET) HOME hat sich dieser Herausforderung gestellt. In einem 6-köpfigen WRITERS‘ ROOM mit BPoC-Autorinnen wurde an neuen Methoden und Inhalten für Theatertexte mit antirassistischer Haltung gearbeitet. Wie wollen wir miteinander arbeiten? Welche Strukturen brauchen wir? Welche Geschichten wollen wir erzählen und für wen? Mit diesen und mehr Fragen hat sich der WRITERS‘ ROOM beschäftigt und kollaborativ ein Theaterstück entwickelt, dessen Narrative aus den unterschiedlichen Kompetenzen, Sichtweisen und Erfahrungsräume der Autorinnen schöpft. Herausgekommen ist GESTERN(HEUTE)MORGEN. Die erste Stückentwicklung des B(S)H WRITERS‘ ROOM.

Gestern-Heute-Morgen. Mehr braucht man nicht. Mehr darf man nicht. Mehr will man nicht. Zumindest nicht in der Welt, in der ICH bisher gelebt hat. Doch irgendetwas stimmt nicht in dieser Welt. In dieser Welt, in der alles heil erscheint. Die Menschen fürchten sich. Wovor? Daran erinnert sich niemand so richtig. Geschichten werden in dieser Welt generell nur selten erzählt und gelacht wird so gut wie nie. Nicht weil die Menschen nicht gerne lachen. Aber sie haben Angst. Und wieso sollten Menschen überhaupt erinnern, wenn ihre Realität doch perfekt ist? Absolut heil?

In dieser Welt ist unser ICH eine Anomalie. Nicht vorgesehen in
dem heilen Gefüge. ICH liebt Geschichten, Gefühle und Gelächter.
Vor allem möchte ICH verstehen. Warum ICH erinnert, was Erinnerung überhaupt ist, und weshalb es niemand tut. ICH beginnt den eigenen Gefühlen zu folgen und gibt sich der gefährlichsten Sache hin, die
es in ICHs Welt gibt: dem Lachen.

Angekommen in einer neuen Realität wird ICH mit den Facetten der eigenen Aktion konfrontiert und muss sich einer Utopie stellen, die noch kein ICH zuvor erreicht hat. Eine Welt, in der es viele Gestern aber kein Zurück gibt, und in der Morgen gleich schon Heute sein kann.

Warum eine aktiv(istisch)e Stückentwicklung?

BITTER (SWEET) HOME unternimmt den Versuch, über die reine Präsentation eines divers besetzen künstlerischen Endproduktes hinaus zu gehen. Während der WRITERS‘ ROOM als »safer spaces« einen geschützten, kreativen Prozess ermöglichen sollten, wurde ebendieser Prozess in Diskurs-Räumen nach außen getragen, wobei das Publikum zum aktiven Dialog eingeladen wird.
Dieser Prozess soll nun im Rahmen der Vorstellungen fortgeführt werden. Besucher:innen erwartet im LOCH Wuppertal neben zwei einem ganz besonderen Stück, ein Rahmenprogramm aus Nachgesprächen und einen themenbezogenen Talk mit den Künstler:innen von BITTER (SWEET) HOME ergänzt. Wie können neue Formen der Zusammenarbeit aussehen? Wie wirkt sich die Schaffung von geschützten Räumen auf die künstlerische Arbeit aus? Welche Geschichten treten in den Vordergrund und wie »safe« sind diese Räume?

GESTERN(HEUTE)MORGEN
Ein Stück des B(S)H WRITERS’ ROOM (Julia-Huda Nahas, Emel Aydoğdu, Bernice Lysania Ekoula Akouala, Rosina Kaleab, Fatima Remli,
Sarah Claire Wray)

Mit Barış Ar, Naomi Bah, Thi Le Thanh Ho, Karmela Shako //
Regie Julia-Huda Nahas // Dramaturgie Emel Aydoğdu //
Ausstattung Hsin-Hwuei Tseng
Mehr zum Projekt: www.bittersweethome.de

GESTERN(HEUTE)MORGEN ist die erste Stückentwicklung von BITTER (SWEET) HOME, in Koproduktion mit dem PATHOS München. Die Vorstellungen und das Diskursprogramm werden gefördert durch: Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW, NRW Landesbüro Freie Darstellende Künste